Mandanteninformation Dezember 2019

in der Dezember-Ausgabe 2019 finden Sie u.a. Beiträge zur Verfassungswidrigkeit der Erhebung von Zweitwohnungsteuer sowie zur Umsatzsteuerermäßigung für das Bistro einer gemeinnützigen Einrichtung und zur Kfz-Steuer bei Dieselfahrverboten.

Erhebung von Zweitwohnungsteuer verfassungswidrig

Die Gemeinde G und die Stadt S erheben aufgrund kommunaler Satzungen eine Zweitwohnungsteuer, die auf dem fiktiven jährlichen Mietaufwand basiert. Dieser wird bestimmt, indem die nach den Vorschriften der Einheitsbewertung von Grundstücken zum Hauptfeststellungszeitpunkt 1.1.1964 ermittelte fiktive Jahresrohmiete entsprechend der Steigerung der Wohnungsmieten nach dem Verbraucherpreisindex hochgerechnet wird.

A und B sind Eigentümer von Zweitwohnungen in G und S. Sie sind der Ansicht, dass die Berechnung der Zweitwohnungsteuer auf Grundlage der Einheitsbewertung von Grundstücken verfassungswidrig ist, und rügen daher eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes. In G und S würden zur Berechnung der Zweitwohnungsteuer die Werte der Einheitsbewertung von Grundstücken – basierend auf den Wertverhältnissen von 1964 – herangezogen und entsprechend dem Verbraucherpreisindex hochgerechnet. Eine Hochrechnung mit dem Verbraucherpreisindex sei jedoch nicht geeignet, die inzwischen aufgetretenen Wertverzerrungen auszugleichen. Das Bundesverfassungsgericht habe nämlich zuletzt bereits für die Grundsteuer die Vorschriften der Einheitsbewertung von Grundstücken auf Grundlage der Wertverhältnisse von 1964 wegen der inzwischen aufgetretenen Wertverzerrungen für verfassungswidrig erachtet. Darüber hinaus verstoße die Art der Staffelung des Steuertarifs in G gegen das Gebot der Besteuerung nac h der Leistungsfähigkeit. A und B bekamen beim Bundesverfassungsgericht (Beschluss vom 18.7.2019, Az. 1 BvR 807/12 u.a.) Recht.

Keine Umsatzsteuerermäßigung für Bistro einer gemeinnützigen Einrichtung

Betreibt ein gemeinnütziger Verein neben einer Werkstatt für behinderte Menschen ein der Öffentlichkeit zugängliches Bistro, in dem auch Menschen mit Behinderung arbeiten, unterliegen die Gastronomieumsätze des Bistros nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz.

Ein gemeinnütziger Verein unterstützte Menschen mit Behinderung, die wegen ihres körperlichen, geistigen oder seelischen Zustands der Hilfe bedurften. Er betrieb ein öffentlich zugängliches Bistro. Der Verein beantragte, die im öffentlichen Betrieb erbrachten Umsätze mit dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 % zu besteuern, weil auch behinderte Menschen dort arbeiteten. Ebenso wie das Finanzamt verneinte auch der Bundesfinanzhof die Steuersatzermäßigung.

Die Steuersatzermäßigung könne für solche sogenannten Zweckbetriebe nur eingeräumt werden, wenn diese nicht in unmittelbarem Wettbewerb mit anderen Unternehmern, die der Regelbesteuerung unterlägen, tätig würden. Diese Voraussetzung war nach Ansicht des Gerichts nicht erfüllt. Der Verein sei mit seinen Gastronomieumsätzen in Wettbewerb zu anderen Unternehmern mit vergleichbaren Leistungen getreten. Diese Umsätze dienten in erster Linie den Zwecken der Bistrobesucher und seien daher keine originär gemeinnützigen Leistungen. Somit scheide bei dieser Sachlage eine ermäßigte Besteuerung der Umsätze aus dem Bistrobetrieb aus.

Anmerkung: Der Bundesfinanzhof verwies den Rechtsstreit jedoch an das Finanzgericht zurück. Dort muss nunmehr ermittelt werden, ob der ermäßigte Umsatzsteuersatz aus anderen Gründen möglich sein könnte, etwa unter dem Gesichtspunkt der »Abgabe von Speisen zur Mitnahme« (BFH, Urteil vom 23.7.2019 – XI R 2/17).

Dieselfahrverbote und Kfz-Steuer

Der Steuerpflichtige S ist seit 7.11.2017 Halter eines erstmals am 13.10.2010 zugelassenen Fahrzeugs. Bei dem Fahrzeug handelt es sich um einen Selbstzünder mit einem Hubraum von 1.461 ccm und einer Kohlenstoffdioxidemission von 145 g/km (Emissionsklasse Euro 5). Das Hauptzollamt setzte mit Bescheid vom 16.11.2017 für das Fahrzeug des S bezüglich des Zeitraums vom 7.11.2017 bis zum 6.11.2018 Kfz-Steuer in Höhe von EUR 192 fest. S war der Ansicht, dass er aufgrund der von einigen Städten und Gemeinden seit 2018 verhängten Fahrverbote in der Nutzung seines Fahrzeugs eingeschränkt werde. Die Kfz-Besteuerung führe daher zu einer unrechtmäßigen Ungleichbehandlung. Das Hauptzollamt meinte dagegen, die Verhängung von Dieselfahrverboten habe für davon betroffene Fahrzeuge keinen Einfluss auf die Höhe der Kfz-Steuer, und bekam beim Bundesfinanzhof (Beschluss vom 13.8.2019, Az. III B 2/19) Recht.

Rückforderung von Altersvorsorgezulagen vom Zulagenempfänger

Ist ein Altersvorsorgevertrag über eine Riester-Rente vom Anbieter abgewickelt worden, können rechtsgrundlos geleistete Zulagenbeträge vom Zulagenempfänger zurückgefordert werden; dies gilt selbst dann, wenn der Empfänger gutgläubig davon ausgehen durfte, zulagenberechtigt zu sein.

Eine Frau hatte bei einem Anbieter einen zertifizierten Altersvorsorgevertrag abgeschlossen. Aufgrund der Angaben des Anbieters, sie sei unmittelbar zulagenberechtigt, zahlte die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen (ZfA) jährlich Zulagenbeträge, die der Anbieter dem Konto der Frau gutschrieb. Nach Beendigung des Altersvorsorgevertrags stellte die ZfA fest, dass die Frau drei Jahre lang nicht zulagenberechtigt gewesen war. Sie forderte daher die entsprechenden Zahlungen zurück.

Zu Recht, wie der Bundesfinanzhof bekräftigte. § 37 Abs. 2 AO über die Erstattung rechtsgrundlos gezahlter Leistungen sei auch bei Altersvorsorgezulagen anzuwenden. Eine Rückforderung über den Anbieter komme nicht (mehr) in Betracht, da das Konto der Frau beim Anbieter nach Beendigung des Altersvorsorgevertrags nicht mehr existiert habe. Ob die Frau oder ihr Anbieter die fehlerhafte Mitteilung über die Zulagenberechtigung zu vertreten habe, sei unerheblich, da die Rückforderungsvorschrift kein Verschulden voraussetze. Schließlich führe auch der Umstand, dass die Zulagenauszahlung gewissermaßen automatisiert ohne nähere Prüfung seitens der ZfA erfolgt sei, nicht dazu, dass die Zulagenempfängerin auf das Behaltendürfen der unberechtigten Zulagen vertrauen durfte (BFH, Urteil vom 9.7.2019 – X R 35/17).

Schwarzeinkäufe in der Gastronomie

Wirt W, der eine Pizzeria betrieb, tätigte seine Wareneinkäufe beim Großhändler G. Dieser verwendete ein Warenwirtschaftssystem, mit dem Lieferscheine bei Barverkäufen storniert werden konnten. Dies ermöglichte seinen Kunden Schwarzeinkäufe. Den Mitarbeitern des G war allerdings nicht bekannt, dass das Warenwirtschaftssystem die Stornierung in der Tabelle »Stornoprotokolle« unter Angabe der entsprechenden Kundennummer dokumentierte und – bis zu einer Ende Juli 2012 vorgenommenen Änderung der Programmierung – durch Vergabe einer übereinstimmenden Nummer eine Verknüpfung mit den ebenfalls dauerhaft gespeicherten Barbelegen herstellte.

Das Finanzamt war daher in der Lage, diese Daten wieder lesbar zu machen. W bezog bei G in aller Regel wöchentlich – zumeist mittwochs – Waren, die ihm jeweils angeliefert wurden. Er zahlte in bar. In Bezug auf seine Kundennummer bei G ermittelte das Finanzamt für die Jahre 2010 bis 2012 mehrere Stornierungen. Das Finanzamt war der Ansicht, dass W auch diejenigen Warenlieferungen bestellt und erhalten habe, deren Lieferscheine G storniert habe. W habe den nicht gebuchten Wareneinkauf zur Erzielung nicht gebuchter Erlöse verwendet. Das Finanzamt nahm für 2010 bis 2012 Hinzuschätzungen zu den Betriebseinnahmen und den Umsätzen unter Anwendung eines Rohgewinnaufschlagsatzes von 250 % an. Die zusätzlichen Wareneinkäufe wurden als Betriebsausgabe berücksichtigt, ein Vorsteuerabzug mangels ordnungsgemäßer Rechnungen nicht gewährt. Die Angabe sämtlicher Einzeldaten des verschleierten Liefervorgangs sei zum Nachweis von Schwarzeinkäufen des W aufgrund von Daten aus der IT des G nicht erforderlich. Das Finanzamt bekam beim Bundesfinanzhof (Beschluss vom 27.8.2019, Az. X B 160/18) Recht.

Zustellung von Steuerbescheiden in der Schweiz

Der Steuerpflichtige S lebt seit dem Jahr 2013 in der Schweiz. Der Aufforderung des Finanzamts, einen inländischen Empfangsbevollmächtigten zu bestellen, kam er nicht nach. Stattdessen bat S das Finanzamt, ihm sämtliche Schreiben an seine Wohnanschrift in der Schweiz zu schicken. Im April 2017 erließ das Finanzamt geänderte Einkommensteuerbescheide für 2009 bis 2013, ordnete die öffentliche Zustellung der Bescheide in Deutschland an und informierte S darüber.

Das Finanzamt war der Ansicht, dass eine Zustellung der Bescheide in der Schweiz nicht zulässig sei. Da S keinen inländischen Empfangsbevollmächtigten benannt habe, könne eine Zustellung nur im Wege der öffentlichen Zustellung erfolgen. S meinte dagegen, dass die geänderten Einkommensteuerbescheide für 2009 bis 2013 mangels ordnungsgemäßer Bekanntgabe nicht wirksam geworden seien. Eine öffentliche Zustellung hätte nicht erfolgen dürfen, weil eine Zustellung in der Schweiz möglich gewesen sei. Das Finanzamt könne nach dem Übereinkommen über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen zwischen der Schweiz und Deutschland die Bescheide dem S in der Schweiz persönlich zustellen. Dieses Übereinkommen gelte in der Schweiz – aktualisiert – seit Jahresbeginn 2017 und erlaube die Zustellung von Einkommensteuerbescheiden in der Schweiz per Einschreiben mit Rückschein. Diese Möglichkeit bestehe nicht nur für Einkommensteuerbescheide ab dem Veranlagungszeitraum 2018, sondern für sämtliche Einkommensteuerbescheide. S bekam beim Finanzgericht Düsseldorf (Urteil vom 8.10.2019, Az. 10 K 963/18 E) Recht.

Recherche für Biografie ist keine schriftstellerische Tätigkeit

Ein Steuerpflichtiger, der an einer Biografie über das Leben und Wirken seines Vaters arbeitet, aber anderweitig nicht schriftstellerisch tätig ist, hat keine Gewinnerzielungsabsicht; die Kosten seiner Recherchen sind daher nicht steuerlich absetzbar.

Ein Mann war vor und nach dem zweiten Weltkrieg als Schauspieler, Regisseur und Filmeditor tätig. Sein Sohn arbeitete später an seiner Biografie und machte den ihm ab dem Jahr 2011 für Recherchearbeiten entstandenen Aufwand als Verlust steuerlich geltend. Dies lehnte das Finanzamt ab mit dem Hinweis, der Autor besitze weder ein schlüssiges Konzept noch eine Vorstellung zu eventuell zu erzielenden Honoraren.

Daraufhin erhob der Steuerpflichtige Klage, beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz jedoch ohne Erfolg. Zwar sei bei Schriftstellern zu berücksichtigen, dass sich – ähnlich wie bei Künstlern – positive Einkünfte vielfach erst nach einer längeren Anlaufzeit erzielen ließen. Anlaufverluste seien jedoch dann steuerlich nicht anzuerkennen, wenn eindeutig feststehe, dass der Steuerpflichtige von vornherein nicht willens oder in der Lage sei, nachhaltige Gewinne zu erzielen.

Dies sei hier der Fall: Die Recherchen würden offensichtlich nicht in ein wirtschaftlich verwertbares Buch münden. Denn in 25 Jahren Recherche habe der Sohn lediglich einen erweiterten Lebenslauf und eine Auflistung der beruflichen Tätigkeiten seines Vaters erstellt. Außerdem sei völlig unklar, wie er ein etwaiges Manuskript vermarkten wolle und ob er diese Absicht auch schon in den Jahren des Beginns der Recherchearbeiten gehabt habe. Das Gericht kam letztlich zu dem Ergebnis, dass der Steuerpflichtige vor allem aus persönlichen Gründen bzw. aus eigenem Interesse am Leben seines Vaters recherchiert habe; eine anzuerkennende schriftstellerische Tätigkeit liege nicht vor, sodass auch der finanzielle Aufwand hierfür steuerlich nicht berücksichtigungsfähig sei (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 18.9.2019 – 3 K 2083/18).

Einnahmen durch Erbschaft- und Schenkungsteuer 2018 deutlich gestiegen

Im Jahr 2018 haben die Finanzverwaltungen Vermögensübertragungen durch Erbschaften und Schenkungen i.H.v. EUR 84,7 Milliarden veranlagt. Das steuerlich berücksichtigte geerbte und geschenkte Vermögen sank damit um 12,7 % gegenüber dem Vorjahr. So das Statistische Bundesamt.

Die festgesetzte Erbschaft- und Schenkungsteuer stieg allerdings um 6,2 % auf EUR 6,7 Milliarden und erreichte fast wieder den Höchststand des Jahres 2016 (EUR 6,8 Milliarden). Dabei entfielen auf die Erbschaftsteuer EUR 5,7 Milliarden (+13 %) und auf die Schenkungsteuer EUR 1 Milliarde (–20,8 %).