Mandanteninformation Februar 2018

In der Februar-Ausgabe finden Sie u.a. Informationen zu Rechtsbehelfsbelehrungen, Kindergeldansprüchen und Rechnungsnummern in der Steuererklärung, aber auch zur steuerlichen Beurteilung von ausgefallenen Darlehensforderungen und Verdienstausfällen.

Fehlender Hinweis auf elektronische Einreichung des Einspruchs

Eine Rechtsbehelfsbelehrung in einer behördlichen Verfügung ist unrichtig, wenn sie nicht auf die Möglichkeit der elektronischen Einreichung des Einspruchs per E-Mail hinweist.

Ein Ehepaar lag im Streit mit der Familienkasse wegen der Zahlung von Kindergeld. Nachdem die Eltern jahrelang Kindergeld bezogen hatten, erging am 8.7.2015 ein Bescheid der Familienkasse, wonach das Ehepaar insgesamt EUR 7.800 aus den letzten drei Jahren zurückzuzahlen habe. Einen Einspruch legten die Eltern gegen den Bescheid zunächst nicht ein. Als sie etwa sechs Wochen nach Ergehen des Bescheids von der Behörde aufgefordert wurden, den festgestellten Betrag zu bezahlen, wurden die Eheleute aktiv und legten Einspruch gegen den Bescheid vom 8.7.2015 ein. Sie verwiesen u.a. darauf, dass die Rechtsbehelfsbelehrung in dem ursprünglichen Bescheid unvollständig gewesen sei. Auch das Schleswig-Holsteinische Finanzgericht (Urteil vom 21.6.2017, Az. 5 K 7/16) sah dies so und hob den Rückforderungsbescheid vom 8.7.2015 auf.

Die Rechtsmittelbelehrung in diesem Bescheid hatte gelautet: »Dieser Bescheid kann mit dem Einspruch angefochten werden. Der Einspruch ist bei der vorbezeichneten Familienkasse schriftlich einzureichen oder zur Niederschrift zu erklären.« Es fehlte nach Auffassung des Gerichts der Hinweis, dass dieser Einspruch auch auf elektronischem Wege, etwa durch E-Mail, möglich sei. Unrichtig sei eine Rechtsbehelfsbelehrung, wenn sie geeignet sei, beim Adressaten einen Irrtum über die Voraussetzung des Einspruchs hervorzurufen und ihn dadurch abzuhalten, den Rechtsbehelf überhaupt, rechtzeitig oder in der richtigen Form einzulegen. In Zeiten, in denen E-Mail-Verkehr allgemein anerkanntes Kommunikationsmittel sei, sei es nicht nachvollziehbar, einerseits die Erhebung des Einspruchs durch E-Mail im Gesetz zuzulassen, andererseits aber auf diese Möglichkeit in der Rechtsbehelfsbelehrung nicht hinzuweisen.

Folge: Da somit zwar die einmonatige Einspruchsfrist verstrichen, der ursprüngliche Bescheid jedoch nicht ordnungsgemäß gewesen war, hatte das ein Jahr Zeit, den Einspruch einzulegen Ehepaar (vgl. § 355 Absatz 1 S. 1 AO). Dieser Zeitraum war bei weitem noch nicht abgelaufen, sodass der Rückforderungsbescheid aufzuheben war.

Ausbildungsende im Kindergeldrecht

Tochter T absolvierte eine Ausbildung zur staatlich anerkannten Heilerziehungspflegerin, die nach der einschlägigen landesrechtlichen Verordnung drei Jahre dauert. Der Ausbildungsvertrag hatte dementsprechend eine Laufzeit vom 1.9.2012 bis zum 31.8.2015. T bestand die Abschlussprüfung im Juli 2015, in diesem Monat wurden ihr die Prüfungsnoten mitgeteilt. Die Kindergeldgewährung setzte voraus, dass sich T in Berufsausbildung befand. Die Familienkasse ging davon aus, dass eine Berufsausbildung bereits mit Ablauf des Monats endet, in dem das Prüfungsergebnis bekanntgegeben wird, sodass es nicht auf das Ende der durch Rechtsvorschrift festgelegten Ausbildungszeit ankomme. Die Familienkasse hob daher die Festsetzung des Kindergelds für T ab August 2015 auf, weil eine Ausbildung spätestens mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses ende.

Vater V war dagegen der Ansicht, dass die Kindergeldgewährung aufgrund einer Berufsausbildung nicht bereits mit der Bekanntgabe des Ergebnisses einer Abschlussprüfung endet, sondern erst mit dem späteren Ablauf der gesetzlich festgelegten Ausbildungszeit. Nach der Heilerziehungspflegeverordnung des Landes L dauere die Fachschulausbildung zur Heilerziehungspflegerin drei Jahre. Die Vorschriften des Berufsbildungsgesetzes, denen zufolge eine Berufsausbildung vor Ablauf der Ausbildungszeit mit der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses endet, seien nicht einschlägig, weil die Ausbildung der T an einer dem Landesrecht unterstehenden berufsbildenden Schule absolviert worden wäre und das Ausbildungsende durch eine eigene Rechtsvorschrift geregelt sei. Damit ende die Berufsausbildung nicht im Juli 2015, sondern erst mit Ablauf des Folgemonats. V bekam beim Bundesfinanzhof (Urteil vom 14.9.2017, Az. III R 19/16) Recht.

Rechnungsnummern müssen nicht fortlaufend sein

Verwendet ein Unternehmer keine lückenlos fortlaufenden Rechnungsnummern, so berechtigt dies das Finanzamt nicht zur Erhöhung des Gewinns durch Schätzung eines Unsicherheitszuschlags. Dies hat das Finanzgericht Köln (Urteil vom 7.12. 2017, Az. 15 K 1122/16) für den Fall der Gewinnermittlung durch Einnahmen-Überschuss-Rechnung entschieden.

Ein Unternehmer verwendete auf seinen elektronischen Rechnungen ausschließlich Buchungsnummern, die computergesteuert durch eine Kombination aus Veranstaltungsnummer, Geburtsdatum des Kunden und Rechnungsdatum erzeugt wurden. Damit wurde jede Buchungsnummer zwar nur einmalig vergeben, diese bauten aber nicht numerisch aufeinander auf. Nach Meinung des Finanzamts lag hierin ein schwerwiegender Mangel der Buchführung, der eine Gewinnerhöhung durch einen Unsicherheitszuschlag rechtfertige.

Ganz anders jedoch das Finanzgericht Köln: Die Gewinnerhöhung sei rückgängig zu machen, denn es bestehe weder eine gesetzliche noch eine aus der Rechtsprechung herleitbare Pflicht zur Vergabe einer Rechnungsnummer nach einem bestimmten lückenlosen numerischen System.

Die seit 31.1.2018 lieferbare Textsammlung »Steuergesetze 2018« ist auf dem Stand vom 1. Januar 2018. Enthalten sind 21¬ zentrale Gesetze und Verordnungen aus dem Steuerrecht, das GmbH-Gesetz und – in Auszügen – das Handelsgesetzbuch und das Grundgesetz. Der Gesetzgeber hat die für die Beratungspraxis zusammengestellten Vorschriften im Jahr 2017 wieder an vielen Stellen geändert. Griff- und Sachregister erleichtern das gezielte Auffinden der relevanten Bestimmungen. Unter www.steuergesetze-2018.de erhalten die Käufer der Textausgabe kostenfrei Zugang zu einer komfortablen Online-Vorschriftensammlung.

Ausfall einer Kapitalforderung

Der Steuerpflichtige S gewährte dem Darlehensnehmer D im Jahr 2010 ein verzinsliches Darlehen. Seit August 2011 erfolgten keine Rückzahlungen mehr. Über das Vermögen des D wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. S meldete die noch offene Darlehensforderung zur Insolvenztabelle an und machte den Ausfall der Darlehensforderung als Verlust bei seinen Einkünften aus Kapitalvermögen geltend.

Das Finanzamt folgte dem jedoch nicht. S war der Ansicht, der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung führe nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust in der privaten Vermögenssphäre. Mit der Einführung der Abgeltungsteuer 2009 solle eine vollständige steuerrechtliche Erfassung aller Wertveränderungen im Zusammenhang mit Kapitalanlagen erreicht werden. Damit werde die traditionelle Trennung von Vermögens- und Ertragsebene für Einkünfte aus Kapitalvermögen aufgegeben. In der Folge dieses Paradigmenwechsels führe der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung zu einem steuerlich zu berücksichtigenden Verlust. Insoweit sei nunmehr eine Rückzahlung der Kapitalforderung, die – ohne Berücksichtigung der gesondert erfassten Zinszahlungen – unter dem Nennwert des hingegebenen Darlehens bleibe, dem Verlust bei der Veräußerung der Forderung gleichzustellen. S bekam beim Bundesfinanzhof (Urteil vom 24.10.2017, Az. VIII R 13/15) Recht.

Kosten für künstliche Befruchtung in gleichgeschlechtlicher Partnerschaft

Aufwendungen einer empfängnisunfähigen Frau für eine heterologe künstliche Befruchtung führen auch dann zu einer außergewöhnlichen Belastung, wenn die Frau in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebt.

Eine Frau lebte seit 2011 in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft. Sie entschloss sich aufgrund ihrer nachgewiesenen Unfruchtbarkeit, ihren Kinderwunsch durch eine künstliche Befruchtung mit Samen eines anonymen Spenders zu verwirklichen (heterologe künstliche Befruchtung). Die Behandlung ließ sie in einer dänischen Klinik durchführen. In ihrer Einkommensteuererklärung machte sie die Kosten dieser Behandlung in Höhe von EUR 8. 500 als außergewöhnliche Belastung (vgl. § 33 Abs. 1 EStG) geltend. Dies lehnte das Finanzamt unter Hinweis auf die Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen ab. Anders dagegen der Bundesfinanzhof (Urteil vom 5.10.2017, Az. VI R 47/15), der die Aufwendungen uneingeschränkt als außergewöhnliche Belastung zugunsten der Frau berücksichtigte.

Aufwendungen einer empfängnisunfähigen (unfruchtbaren) Frau für eine heterologe künstliche Befruchtung führten als Krankheitskosten zu einer außergewöhnlichen Belastung. Dem stehe auch nicht entgegen, dass die Frau in einer gleichgeschlechtlichen Partnerschaft lebe. Maßnahmen zur Sterilitätsbehandlung führten nur dann zu einer außergewöhnlichen Belastung, wenn sie in Übereinstimmung mit den Richtlinien der ärztlichen Berufsordnungen vorgenommen würden. Dies bejahte der Bundesfinanzhof vorliegend, da die entsprechenden Berufsordnungen mehrerer Bundesländer der hier vorgenommenen Kinderwunschbehandlung nicht entgegenstanden. Zudem ging das Gericht von einer Zwangslage zur Umgehung einer vorhandenen Sterilität aus. Dies könne auch bei gleichgeschlechtlichen Paaren nicht verneint werden. Somit seien die angefallenen Kosten insgesamt als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen.

Verdienstausfall nach Unfall

Der selbständige Steuerpflichtige S war bei einem Verkehrsunfall erheblich verletzt worden. S und die Versicherungsgesellschaft V vereinbarten die Zahlung eines Verdienstausfallschadens. V zahlte S 2011 die Abfindung von EUR 300.000 »netto« aus, sodass die Abfindung den auf den Verdienstausfall entfallenden Steuerschaden zunächst nicht umfasste. V zahlte S dann nach Vorlage des Einkommensteuerbescheids für 2011 die auf den Verdienstausfall entfallende Einkommensteuer in Höhe von EUR 124.649,90 aus.

Diesen Betrag besteuerte das Finanzamt: Die von V erstattete Einkommensteuer sei als Entschädigung für entgangene Einnahmen (Verdienstausfall nach Unfall) steuerpflichtig. V habe nach der Entschädigungsvereinbarung den Schaden abgegolten, den S durch den entgangenen Gewinn aus gewerblicher Tätigkeit erlitten habe. Infolge eines Unfalls habe dieser einen Anspruch auf eine Verdienstausfallentschädigung gehabt. Der Schädiger habe ihm den Nettoverdienstausfall zuzüglich der hierauf entfallenden Einkommensteuer zu erstatten. Mit der Erstattung der Steuer erfülle V den aus dem Unfall als schädigendem Ereignis entstandenen Schadensersatzanspruch des S. Die Übernahme der steuerlichen Last stelle keine gesondert zu beurteilende Schadensposition dar. Sie trete an die Stelle weggefallener Einnahmen und sei unmittelbare Folge des schädigenden Ereignisses.

S war dagegen der Ansicht, die ihm zugeflossene Verdienstausfallentschädigung sei nach der Nettomethode berechnet worden. Die spätere Erstattung der Einkommensteuer stelle einen sog. nicht steuerbaren Schadensersatz dar. Ansonsten komme es zu einer »Endlosbesteuerung«. Denn jede Erstattung löse ihrerseits eine steuerpflichtige Erstattung aus.

Das Finanzamt bekam beim Finanzgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 20.11.2017, Az. 10 K 3494/15) Recht. Die Besteuerung entspreche der steuerlichen Behandlung einer sog. Bruttoabfindungsvereinbarung. Bei einer solchen werde der Abfindungsbetrag so weit erhöht, dass dieser »nach Abzug der darauf entfallenden Einkommensteuer den von dem Kläger angestrebten Nettobetrag ergeben hätte«. Bei einer Bruttolohnvereinbarung sei der Gesamtbetrag als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen zu besteuern. Die im Betrag enthaltene Steuer werde nicht herausgerechnet und erhöhe die Bemessungsgrundlage. Nichts anderes sollte aus Gleichheitsgründen bei einer sog. Nettolohnvereinbarung gelten.

Keine Steuerermäßigung für Erschließungsbeiträge und Straßenausbaubeiträge

Ein Ehepaar musste durch Gebührenbescheid an die Gemeinde für den Ausbau der unbefestigten Sandstraße vor seinem Grundstück Erschließungskosten bezahlen. Den Lohnanteil aus diesem Betrag wollten die Eheleute als haushaltsnahe Dienstleistungen von der Einkommenssteuer absetzen. Dies lehnte das Finanzamt mit dem Hinweis ab, dass nach Auffassung des Bundesfinanzministeriums Maßnahmen der öffentlichen Hand nicht als haushaltsnahe Dienstleistungen oder Handwerkerleistungen begünstigt seien. Der Ausbau der Sandstraße in eine asphaltierte Straße sei zwar eine Modernisierung, es fehle aber die erforderliche Haushaltsbezogenheit. Hierfür bedürfe es eines unmittelbaren räumlichen Zusammenhangs mit dem Haushalt. Diese Auffassung bestätigte das Finanzgericht Berlin-Brandenburg (Urteil vom 25.10.2017, Az. 3 K 3130/17).

Hinweis: Das Finanzgericht hat wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage und wegen der Abweichung von einer Entscheidung des Finanzgerichts Nürnberg in einem ähnlichen Fall die Revision zugelassen. Das Revisionsverfahren ist unter dem Aktenzeichen VI R 50/17 beim Bundesfinanzhof anhängig. Es bleibt also abzuwarten, ob dieser die Auffassung des Finanzgerichts Berlin-Brandenburg teilt.

Container als Gebäude

Auf einem Luftwerftgelände befanden sich zwei Containeranlagen, wovon eine Anlage mit 51 Containern ohne gegossenes Fundament und sonstige Befestigung auf Betonverlegeplatten aufgestellt und mit einer eigenen Asphaltstraße an das Betriebsgelände angebunden war. Die 13 Container der anderen Anlage waren lediglich auf einer Parkplatzfläche am Rande einer Werkstraße aufgestellt worden. Beide Anlagen hatten Vorrichtungen, um mit gängigen Versorgungsleistungen ausgestattet zu werden, und in beiden Fällen blieb ihre Aufstelldauer unter sechs Jahren.

Das Finanzamt war der Ansicht, dass befristet aufgestellte Container, die für Büro- und Werkstattzwecke genutzt werden, bewertungsrechtlich für Zwecke der Grundsteuer als Gebäude zu qualifizieren seien. Daher wertete es die größere Anlage als Gebäude: Ausschlaggebend seien dabei die Manifestation der betrieblichen Zweckbestimmung und Funktion im äußeren Erscheinungsbild und die Integration in das Betriebsgelände. Im Rahmen einer Gesamtschau würden konkret die Einebnung des Untergrunds, die straßenmäßige Anbindung und der Schutz vor Nagetieren durch Anbringung von Kaninchenblechen sowie Kiesaufschüttungen die Containeranlage zu einem Gebäude machen. Dagegen sei die kleinere Anlage mit den lediglich auf einer Parkplatzfläche abgestellten Containern nicht als Gebäude anzusehen, weil sie nach dem äußeren Erscheinungsbild keine Integration in das Betriebsgrundstück zeige, vielmehr provisorisch und vorübergehend aufgestellten Baucontainern vergleichbar sei. Das Finanzamt bekam beim Finanzgericht Hamburg (Urteil vom 28.4.2017, Az. 3 K 95/15) Recht.