Mandanteninformation Juli 2018

In der Juli-Ausgabe 2018 finden Sie u.a. Informationen zur steuerlichen Behandlung von Eigenheimen, von selbst getragenen Krankheitskosten und von Hinterziehungszinsen.

Verkauf des Eigenheims: Keine Spekulationssteuer für häusliches Arbeitszimmer

Der Gewinn aus dem Verkauf von selbstgenutztem Wohneigentum ist auch dann in vollem Umfang steuerfrei, wenn zuvor Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer abgesetzt worden sind.

Ein Ehepaar hatte innerhalb der 10-jährigen Spekulationsfrist seine selbstbewohnte Eigentumswohnung verkauft. In den Jahren zuvor hatten die Eheleute den Abzug von Werbungskosten für ein häusliches Arbeitszimmer in Höhe von jährlich EUR 1250 erfolgreich geltend gemacht. Anlässlich des Verkaufs der Wohnung unterwarf das Finanzamt nun den auf das Arbeitszimmer entfallenden Veräußerungsgewinn (EUR 35.575) der Besteuerung, da insoweit keine steuerfreie eigene Wohnnutzung vorliege.

Das Finanzgericht Köln sah das jedoch ganz anders: Das häusliche Arbeitszimmer führe nicht zu einer anteiligen Besteuerung des Veräußerungsgewinns. Denn das Arbeitszimmer sei in den privaten Wohnbereich integriert gewesen und stelle daher kein selbständiges Wirtschaftsgut dar. Im Übrigen stünde eine Besteuerung auch im Wertungswiderspruch zum allgemeinen Abzugsverbot für Kosten für häusliche Arbeitszimmer.

Hinweis: Gegen das Urteil des FG Köln hat das Finanzamt Revision beim Bundesfinanzhof eingelegt (FG Köln, Urteil vom 20.3.2018 – 8 K 1160/15).

Systematisch gegliedert enthält der neue Leitfaden »Aktuelle Brennpunkte der Abgeltungsteuer« alle Problemfelder der Abgeltungsteuer, die sich aus der Rechtsprechung des BFH herauskristallisiert haben. Darüber hinaus sind alle derzeit anhängigen Verfahren mit Problemeinordnung und Lösungsansätzen eingearbeitet. In diesem Überblick über die relevanten Verfahren des BFH findet der Leser den aktuellen Stand zur Abgeltungsteuer wieder.

Erbschaftsteuerbefreiung für Familienheim

Ehefrau F ist die Witwe und Alleinerbin ihres Ehemanns M, der Eigentümer von zwei Flurstücken war, die aneinander angrenzen und im Grundbuch auf verschiedenen Blättern eingetragen sind. Das Flurstück 1 (ca. 1.800 qm) ist mit einem Einfamilienhaus bebaut. Das Flurstück 2 (ca. 1.700 qm) ist unbebaut. Beide Flurstücke sind aufgrund einer im Jahr 1969 erteilten Baugenehmigung einheitlich eingefriedet. F nutzt beide Flurstücke zu eigenen Wohnzwecken. Bei der Festsetzung der Erbschaftsteuer begehrte sie für beide Flurstücke – auch für das an das Familienheimgrundstück angrenzende Gartengrundstück – die Anwendung der Erbschaftsteuerbefreiung für mit einem Familienheim bebaute Grundstücke, weil es sich um eine wirtschaftliche Einheit handele. Beide Flurstücke hätten ursprünglich im Eigentum der Stadt S gestanden und seien einheitlich als »Bürgermeistergrundstück« bezeichnet worden. Die Flurstücke trügen dieselbe Adresse »S-Straße«, obwohl das Flurstück 2 keinen Zugang zu dieser Straß e habe. Beide Grundstücke seien seit jeher einheitlich als Wohnhausgrundstück mit Garten genutzt worden.

Das Finanzamt gewährte die Steuerbefreiung nur für das Flurstück 1, da es sich um zwei selbständige wirtschaftliche Einheiten handele. Das Flurstück 2 sei unbebaut und falle daher nicht in den Anwendungsbereich der Steuerbefreiungsvorschrift. Das Finanzamt bekam beim Finanzgericht Düsseldorf (Urteil vom 16.5.2018, Az. 4 K 1063/17 Erb) Recht.

Selbst getragene Krankheitskosten rechtfertigen keinen Sonderausgabenabzug

Trägt ein privat Krankenversicherter seine Krankheitskosten selbst, um dadurch die Voraussetzungen für eine Beitragserstattung zu schaffen, so können diese Kosten nicht als Beiträge zu einer Versicherung steuerlich abgezogen werden.

Ein privat krankenversicherter Steuerpflichtiger hatte die Beiträge an seine private Krankenversicherung zur Erlangung des Basisversicherungsschutzes gezahlt. Um in den Genuss von Beitragserstattung zu kommen, hatte er angefallene Krankheitskosten nicht zur Erstattung eingereicht, sondern selbst getragen. In der Einkommensteuererklärung kürzte er zwar die Krankenversicherungsbeiträge, die als Sonderausgaben angesetzt werden konnten, um die erhaltenen Beitragserstattungen, minderte diese Erstattungen jedoch vorher um die selbst getragenen Krankheitskosten mit der Begründung, dass er insoweit wirtschaftlich belastet sei.

Dieser Auffassung erteilte der Bundesfinanzhof jedoch eine klare Absage. Es könnten nur die Ausgaben als Beiträge zur Krankenversicherung abziehbar sein, die im Zusammenhang mit der Erlangung des Versicherungsschutzes stünden und letztlich der Vorsorge dienten. Zwar werde bei den selbst getragenen Krankheitskosten nicht bereits im Vorhinein verbindlich auf einen Versicherungsschutz verzichtet; vielmehr könne man sich bei Vorliegen der konkreten Krankheitskosten entscheiden, ob man diese selbst tragen wolle, um die Beitragserstattung zu erhalten. Gleichwohl trage der Versicherte in diesem Fall die Krankheitskosten nicht, um den Versicherungsschutz »als solchen« zu erlangen (BFH, Urteil vom 29.11.2017 – X R 3/16).

Tatsächliche Verständigung über Hinterziehungszinsen

Der Steuerpflichtige S, der einen Handel mit gebrauchten Fahrzeugen betreibt, hatte in den Jahren 2004 bis 2009 Steuern hinterzogen, deren Höhe allerdings nicht mehr zweifelsfrei aufklärbar war. S und das Finanzamt einigten sich daher in einer schriftlichen tatsächlichen Verständigung, dass nicht verbuchte Einnahmen anzusetzen und die Gewinne um die vereinbarten Beträge von ca. EUR 100.000 pro Jahr zu erhöhen seien. Nach Bestandskraft der geänderten Einkommensteuerbescheide für 2004 bis 2009 setzte das Finanzamt ca. EUR 9.800 Hinterziehungszinsen gegen S fest. Dieser war der Ansicht, im Rahmen der tatsächlichen Verständigung sei ein Zahlbetrag festgelegt worden, der auch Hinterziehungszinsen beinhalte. Das Finanzamt beharrte dagegen darauf, dass die tatsächliche Verständigung keine Vereinbarung zu Hinterziehungszinsen enthalte. Dass bei einer Steuerhinterziehung, die hier aufgrund der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide feststehe, zwingend Hinterziehungszinsen festgese tzt werden müssten, ergebe sich bereits aus dem Gesetz und sei daher einer Einigung nicht zugänglich. Das Finanzamt bekam beim Finanzgericht Rheinland-Pfalz (Urteil vom 12.4.2018, Az. 6 K 2254/17) Recht.

Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit sind umsatzsteuerpflichtig

Umsätze aus dem Betrieb von Geldspielautomaten mit Gewinnmöglichkeit unterliegen der Umsatzsteuer.

Das Finanzamt ging bei einem Unternehmer, der mit dem Betrieb von Geldspielautomaten Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielte, von einer umsatzsteuerpflichtigen Tätigkeit aus. Dies wollte der Unternehmer nicht hinnehmen und zog vor Gericht. Er verwies darauf, dass es bereits wegen der Zufallsabhängigkeit der Gewinne es bereits am erforderlichen Leistungsaustausch zwischen Unternehmer und Spieler fehle. Im Übrigen werde er gegenüber den subventionierten staatlichen Spielbanken rechtswidrig ungleich behandelt.

Das Finanzgericht Kassel sah dies jedoch ganz anders. Nach dessen Ansicht ist der Betrieb von Geldspielautomaten eine umsatzsteuerbare sonstige Leistung, die der Unternehmer gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt. Dabei setzt sich seine Leistung nach Maßgabe der Regelungen in der Spielverordnung aus der Zurverfügungstellung des Geldspielautomaten für das jeweilige Spiel, der Zulassung der Spieler zum Spiel, der Einräumung der Gewinnchancen und – bei Erzielung eines Gewinns – der Gewinnauszahlung zusammen. Hierfür stehe dem Unternehmer unabhängig vom Spielausgang ein Anspruch auf Vergütung zu.

Somit liege ein unmittelbarer Zusammenhang zwischen Leistungserbringung und Entgelt, also ein Leistungsaustausch, vor. Die Zufallsabhängigkeit sei hierbei lediglich Bestandteil des Leistungsaustauschs. Im Übrigen komme es angesichts der aktuell geltenden Regelungen nicht zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung von Spielbanken und gewerblichen Betreibern von Geldspielautomaten (Hessisches FG, Urteil vom 22.2.2018 – 6 K 2400/17).

Vorfälligkeitsentschädigung als Nachlassverbindlichkeit

E ist einer von insgesamt 29 Erben der im Jahr 2013 verstorbenen Erblasserin. Da die Erben zunächst nicht bekannt waren, ordnete das Amtsgericht die Nachlasspflegschaft an und bestellte eine Nachlasspflegerin. Diese veräußerte mit Genehmigung des Gerichts vier der zum Nachlass gehörenden Grundstücke und löste damit für die Grundstücke aufgenommene Darlehen vorzeitig ab. Hierfür fielen Vorfälligkeitsentschädigungen an. Nachdem die Erben ermittelt worden waren, setzte das Finanzamt u.a. gegenüber E Erbschaftsteuer fest. Dieser machte die Vorfälligkeitsentschädigungen anteilig als Nachlassverbindlichkeiten geltend.

E war der Ansicht, die Aufwendungen seien als Nachlassregelungskosten anzusehen und damit als Nachlassverbindlichkeiten abzugsfähig. Es handele sich nicht um Kosten der Verwaltung, sondern vielmehr um Kosten der Sicherung des Nachlasses. Die Vorfälligkeitsentschädigungen stünden in einem engen sachlichen Zusammenhang mit der Abwicklung bzw. Verteilung des Nachlasses, weil die Herausgabe von vier mit Darlehen belasteten Grundstücken an eine Vielzahl von Erben nicht praktikabel gewesen wäre. Das Finanzamt lehnte den Abzug ab, da es sich um Kosten für die Verwaltung des Nachlasses handele. E bekam beim Finanzgericht Münster (Urteil vom 12.4.2018, Az. 3 K 3662/16 Erb) Recht.

Barzahlung von Steuerschulden

Das Finanzamt kann einen Steuerzahler, der seine Steuern unbedingt bar bezahlen möchte, an ein von ihm ermächtigtes Kreditinstitut verweisen, bei dem das Finanzamt ein Bankkonto unterhält.

Ein Steuerzahler meinte, fällige Steuerschulden einschränkungslos mittels Bargeld in Euro bei dem vom Finanzamt ermächtigten Kreditinstitut begleichen zu können. Hierbei dürfe für seine Barzahlung keine Bareinzahlungsgebühr erhoben werden und diese dürfe nicht daran scheitern, dass er selbst bei der vom Finanzamt benannten Bank ein eigenes Konto unterhalte. Vielmehr müsse das Finanzamt dafür sorgen, dass das Kreditinstitut sein Bargeld ohne weitere Hindernisse zur Steuerschuldentilgung entgegennehme.

Beim Hessischen Finanzgericht hatte er mit diesem Ansinnen keinen Erfolg. Das Finanzamt könne sich hinsichtlich der Vorgehensweise bei Barzahlungen auf die gesetzliche Vorschrift des § 224 AO stützen. Hiernach könne das Finanzamt seine Finanzamtskasse für die Übergabe von Zahlungsmitteln gegen Quittung schließen. Es dürfe insofern – wie auch im vorliegenden Fall – ein oder mehrere Kreditinstitute ermächtigen, für seine (geschlossene) Kasse Zahlungsmittel gegen Quittung anzunehmen. Eine Verpflichtung zur Bekanntgabe dieser erfolgten Ermächtigungen zugunsten der Kreditinstitute gegenüber dem Steuerpflichtigen bestehe nicht.

Im Übrigen müsse das Finanzamt dem Steuerpflichtigen insbesondere auch nicht die sechs Euro Bankgebühren ersetzen, die bei der Steuereinzahlung in bar von der Bank berechnet worden seien. Denn wer Geld schulde, habe die Übermittlung im Zweifel auf eigene Kosten vorzunehmen, so § 270 Abs. 1 BGB (Hess. Finanzgericht, Urteil vom 12.12.2017 – 11 K 1497/16).

Sargträger sind keine Arbeitnehmer

Bei Bestattungen wurde in der Stadt S eine Trägergruppe (sog. Sargträgercorps), bestehend aus insgesamt neun Personen, allesamt Rentner im Alter von über 65 Jahren, für die Auftraggeber tätig. S erhob nach der Friedhofsgebührensatzung für eine Bestattung im Einzelnen durch die Satzung festgelegte Gebühren. In den Gebührenbescheiden heißt es: »Die bei einer Erdbestattung durch die eingesetzten Träger entstehenden Kosten werden vom Trägercorps in Rechnung gestellt und von S nur zur Weiterleitung an die bei der Bestattung eingesetzten Träger erhoben.« Im Bestattungsfall wurde der Sprecher des Sargträgercorps durch die Friedhofsverwaltung über den Termin informiert. Für diese Tätigkeit erhielten die Sargträger eine pauschale Vergütung von EUR 30 je Beerdigung. Nach Eingang der Abrechnung der Sargträger überwies S die Pro-Kopf-Beträge an die Sargträger für den zurückliegenden Monat. Die Abrechnungen erfolgten für alle Sargträger in einem einheitlichen Dokument. Ein Musterformular sah vor, dass die Sargträger durch die Hinterbliebenen zur Durchführung ihrer Tätigkeit beauftragt werden. Das Finanzamt ordnete die Sargträger als Arbeitnehmer der S ein. S war dagegen der Ansicht, die Sargträger seien nicht ihre Arbeitnehmer. Sie hätten sich vielmehr als sog. Sargträgergruppe (Sargträgercorps) organisiert und würden auf dem Friedhof der S im Auftrag der Hinterbliebenen tätig. S bekam beim Niedersächsischen Finanzgericht (Urteil vom 31.8.2017, Az. 14 K 49/16) Recht.