Mandanteninformation Juli 2019

In der Juli-Ausgabe 2019 finden Sie u.a. Informationen zur Erbschaftsteuerbefreiung für Wohnungen, zur steuerlichen Beurteilung eines Sterbegelds an Erben und eines elektronischen Fahrtenbuchs.

Erbschaftsteuerbefreiung für Wohnung

Sohn S ist Alleinerbe seiner im September 2015 verstorbenen Mutter M. Der Nachlass setzt sich aus hälftigen Miteigentumsanteilen an drei Grundstücken zusammen. In dem Mehrfamilienhaus S-Straße mit einer Gesamtwohnfläche von 490 qm besaß M bis zu ihrem Tod zwei Wohnungen für sich und S. Die Wohnung im Erdgeschoss ist 115 qm groß und räumlich nicht mit der 125 qm großen Wohnung im Obergeschoss verbunden. Beide Wohnungen sind nur über das gemeinschaftliche Treppenhaus, das auch von den übrigen Mietern genutzt wird, erreichbar. Der anliegende Garten, der ausschließlich von der Familie des S genutzt werden durfte, konnte nur durch die Erdgeschosswohnung betreten werden. Beide Wohnungen wurden von M und S gemeinsam genutzt. In der oberen Wohnung befanden sich die Schlafzimmer sämtlicher Familienmitglieder, ein Badezimmer, die Küche und ein Wohnzimmer. In der Wohnung im Erdgeschoss lagen sich zwei Arbeitszimmer, die von S für dessen Berufsausübung genutzt wurden. Zudem befanden sich ein Wohnzimmer, ein Badezimmer und eine Küche in der Erdgeschosswohnung.

Das Finanzamt berücksichtigte die Steuerbefreiung für eine Wohnung im Objekt nur hinsichtlich der Wohnung im Obergeschoss; eine Steuerbefreiung für die Erdgeschosswohnung wurde nicht berücksichtigt: Eine Steuerbefreiung komme nur für eine der beiden Wohnungen in Betracht. Die Befreiungsvorschrift spräche nur davon, dass »eine Wohnung zu eigenen Wohnzwecken« genutzt werde, »eine Wohnung« sei dabei numerisch zu verstehen. Beide Wohnungen würden jedoch eigene abgeschlossene Einheiten darstellen. S begehrte dagegen die Steuerfreistellung für beide Wohnungen, begrenzt auf 200 qm. Das Finanzamt bekam beim Finanzgericht Köln (Urteil vom 30.1.2019, Az. 7 K 1000/17) Recht.

Sterbegeld an Erben, der kein »Hinterbliebener« ist, ist einkommensteuerpflichtig

Sterbegeld, das eine Pensionskasse an Erben bezahlt, die nicht zugleich »Hinterbliebene« sind, unterliegt der Einkommensteuer.

Einem Ehepaar war nach dem Tod des Sohnes von einer Pensionskasse ein Sterbegeld ausgezahlt worden. Die Auszahlung basierte auf einem Versicherungsvertrag, der ursprünglich von einem ehemaligen Arbeitgeber des Sohns im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung abgeschlossen worden war. Nach dem Arbeitgeberwechsel hatte der Sohn die Versicherung übernommen. In diesem Versicherungsvertrag waren als Bezugsberechtigte im Todesfall die »Hinterbliebenen – also Ehegatte, Lebenspartner, Lebensgefährtin und Kinder« – bestimmt.

Einige Zeit später verstarb der Sohn; er hinterließ keine »Hinterbliebenen« und wurde von seinen Eltern beerbt. Die Pensionskasse zahlte an die Eltern den Versicherungsbetrag, begrenzt auf ein Sterbegeld von EUR 8000. Das Finanzamt sah hierin einkommensteuerpflichtige sonstige Einkünfte der Eltern und unterwarf den Betrag der Einkommensbesteuerung.

Zu Recht, wie das Finanzgericht Düsseldorf bestätigte. Die Auszahlung sei als eine Leistung aus dem Altersvorsorgevertrag des Sohnes zu besteuern. Zwar werde in der betrieblichen Altersversorgung hier eine Hinterbliebenenversorgung nur an den Ehepartner, den eingetragenen Lebenspartner, die Lebensgefährtin oder Kinder ausgezahlt; sofern – wie hier – keine der genannten Hinterbliebenen vorhanden seien, werde aufgrund des Versicherungsvertrags ein Sterbegeld an die Erben ausgezahlt, das der Einkommensbesteuerung unterliege (FG Düsseldorf, Urteil vom 6.2.2019, Az. 4 K 1.4.2004/17 Z).

Führung eines elektronischen Fahrtenbuchs

G erzielte in den Jahren 2013 bis 2015 Einkünfte als Geschäftsführer der G-UG, deren einziger Gesellschafter er ist. Die G-UG stellte G einen geleasten Dienstwagen zur Verfügung, den er auch für private Fahrten nutzen durfte. Die G-UG erwarb für den Dienstwagen eine sog. Telematiklösung mit der Funktion »elektronisches Fahrtenbuch«. Die Hardware musste nicht fest eingebaut werden, sie konnte vielmehr auf den standardisierten Fahrzeug-Diagnosestecker aller Fahrzeugtypen des jeweiligen Fahrzeugs aufgesteckt werden. Die Hardware verfügte über einen GPS-Empfänger und übermittelte über das Mobilfunknetz jeweils die aktuelle Position und zeichnete die Bewegungsdaten auf einem zentralen Server zur Erstellung eines elektronischen Fahrtenbuchs auf.

G erhielt einen Online-Zugang zu den Daten, er konnte später einer aufgezeichneten Fahrt in der Software einen Fahrtzweck zuordnen. Diese Zuordnungen blieben nach der Ersterfassung zunächst frei änderbar. G konnte aber auch eine sog. frei bestimmbare »Periode« final bearbeiten und dann in dem Programm »abschließen«, sodass die von ihm ergänzten Daten danach nicht mehr veränderbar waren. Die G-UG unterwarf die Überlassung des Dienstwagens auch zur privaten Mitbenutzung in den Jahren 2013 bis 2015 monatlich pauschal in Höhe von EUR 400 als lohnsteuerpflichtiges Entgelt dem Lohnsteuerabzug. Das Finanzamt war dagegen der Ansicht, die unmittelbare elektronische Erfassung der Fahrtwege eines betrieblichen Fahrzeugs durch ein technisches System reiche zur Führung eines Fahrtenbuchs nicht aus. Neben dem Bewegungsprofil müssten auch die Fahrtanlässe zeitnah und nicht mehr veränderbar erfasst werden. Das Finanzamt bekam beim Niedersächsischen Finanzgericht (Urteil vom 23.1.2019, Az. 3 K 107/18) Recht.

Kindergeld: Ausbildungswilligkeit des Kindes kann nachträglich nachgewiesen werden

Eine schriftliche Erklärung eines Kindes über seine Ausbildungswilligkeit kann auch für zurückliegende Zeiträume Bedeutung haben.

Eine Mutter bezog für ihr volljähriges Kind fortlaufend Kindergeld. Nachdem das Kind arbeitsunfähig erkrankt war, wurde dessen Ausbildungsverhältnis vom Arbeitgeber vorzeitig beendet. Auf Nachfrage der Familienkasse teilte das Kind schriftlich mit, dass es nach Beendigung seiner Erkrankung schnellstmöglich eine Ausbildung aufnehmen wolle. Die Familienkasse vertrat daraufhin die Ansicht, dass die Mutter für den Zeitraum zwischen der Beendigung der Ausbildung und dem Eingang des Schreibens des Kindes zu Unrecht Kindergeld erhalten habe. Für diesen Zeitraum bestehe kein Kindergeldanspruch, weil die Erklärung des Kindes nur für die Zukunft wirke. Konsequenz: Die Mutter müsse das ausgezahlte Kindergeld zurückzahlen.

Dies lehnte das Finanzgericht Düsseldorf jedoch ab. Das Gericht entschied, dass das Kindergeld zu Recht bezahlt worden sei. Das Kind sei in dem betreffenden Zeitraum ausbildungswillig gewesen. Dies sei durch die Erklärung des Kindes hinreichend nachgewiesen worden. Es handele sich bei dieser Erklärung nicht um eine rechtsgestaltende Willensaussage, sondern lediglich um eine Tatsachenbekundung zum Nachweis der Ausbildungsbereitschaft. Dies habe auch für den Zeitraum vor Eingang der Mitteilung bei der Familienkasse Bedeutung (FG Düsseldorf, Urteil vom 26.4.2019, Az. 7 K 1093/18).

Scheinrenditen aus Schneeballsystem

Finanzdienstleister F legte die von Anlegern eingezahlten Gelder nicht vertragsgemäß an, sondern verwendete sie zur Auszahlung an andere Anleger, für Provisionszahlungen an seine Vermittler und für seinen eigenen Lebensunterhalt. Entgegen der Mitteilung gegenüber den Anlegern wurde Kapitalertragsteuer weder angemeldet noch abgeführt. Das Schneeballsystem des F führte zu Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, F wurde wegen Betrugs verurteilt.

Mitte 2010 eröffnete die Steuerpflichtige S ein Depot bei F und erteilte den Auftrag, 800 Aktien der S-AG zum Wert von EUR 26.400 mit einer Haltezeit bis zum 1.7.2012 zu erwerben. S zahlte zudem EUR 6.400 für die Option, die Aktien in zwei Jahren zu einem Stückpreis von EUR 68 wieder verkaufen zu können. Die abgerechneten Optionsscheine wurden nicht von F erworben. Am 28.6.2012 erteilte S den Auftrag, die Aktien der S-AG zu verkaufen. In dem Verkaufsauftrag gab sie an, dass der Verkaufserlös bei F verbleiben und mit einem folgenden Einkauf verrechnet werden solle. Am 31.7.2012 erteilte S den Kaufauftrag für 110 Aktien der A-AG zum Wert von EUR 36.850. Der Kaufpreis wurde mit dem vorher bescheinigten Veräußerungserlös verrechnet und der nach Abzug weiterer Kosten verbleibende Betrag von EUR 3,91 an S überwiesen. Am 5.6.2013 flog das Schneeballsystem des F auf.

Das Finanzamt unterwarf den Erlös aus der Veräußerung der Aktien in Höhe von EUR 26.858 der Besteuerung bei S: Gutgeschriebene Renditen seien der Besteuerung zu Grunde zu legen, soweit S die Wahl zwischen Auszahlung und Wiederanlage gehabt habe. Wenn sie sich für eine Wiederanlage entscheide, führe die darin liegende Schuldumschaffung zu einem Zufluss der Rendite. Zudem seien bis zum Auffliegen des Schneeballsystems zahlreiche Auszahlungen an Anleger erfolgt. Das Finanzamt bekam beim Niedersächsischen Finanzgericht (Urteil vom 23.5.2018, Az. 10 K 190/16) Recht.

Abgabe von Arzneimitteln durch Gemeinschaftspraxis

Zum Leistungsangebot der zum 1.1.2011 gegründeten Gemeinschaftspraxis G-GbR gehört insbesondere die komplette Diagnostik und Therapieempfehlung für Hämophiliepatienten (Bluter). Die G-GbR behandelt vornehmlich Kassenpatienten im Rahmen einer sog. integrierten Versorgung, bei der zwischen Arzt und Krankenkasse Verträge abgeschlossen werden, nach denen die Krankenkasse dem Arzt für die Behandlung der Patienten Fallpauschalen zahlt, die sowohl die medizinische Betreuung als auch die Abgabe von Arzneien und Hilfsmitteln zum Inhalt haben.

Die G-GbR hat mit Ersatzkassen Verträge zur integrierten Versorgung sowie über die Abgabe von Blutprodukten abgeschlossen. Elementare Aufgabe der G-GbR ist danach die wirtschaftliche Versorgung der teilnehmenden Versicherten mit Konzentraten im Rahmen der ärztlich kontrollierten Heimselbstbehandlung. Der übliche Behandlungsablauf stellt sich so dar, dass neue Patienten zunächst sechs bis zwölf Monate in der Praxis behandelt werden, bis sie sich die Injektionen zuhause selbst verabreichen können.

Die G-GbR erklärte für 2009 bis 2011 Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit, das Finanzamt ging dagegen von Einkünften aus Gewerbebetrieb aus: Die Abgabe von Arzneimitteln (Faktorzubereitungen) zur Heimselbstbehandlung im Rahmen der integrierten Versorgung von Hämophiliepatienten durch die G-GbR führe zur gewerblichen Infektion der freiberuflichen Einkünfte, weil sie nicht untrennbar mit der freiberuflichen Tätigkeit verbunden sei. Das Finanzamt bekam beim Finanzgericht Düsseldorf (Urteil vom 1.2.2019, Az. 3 K 3295/15 F,G) Recht.

Kein Abzug der Garagenkosten bei privat genutztem Firmenwagen

Der geldwerte Vorteil, den ein Arbeitnehmer durch die Überlassung eines Firmenwagens erhält, kann nicht anteilig um die auf seine Garage entfallenden Grundstückskosten gemindert werden.

Ein Arbeitnehmer bekam von seinem Arbeitgeber einen Pkw auch zur privaten Nutzung zur Verfügung gestellt. Der Nutzungsvorteil wurde nach der sog. 1%-Methode berechnet. In seiner Einkommensteuererklärung minderte der Mitarbeiter diesen Betrag um anteilige Garagenkosten i.H.v. EUR 1.500.

Das Finanzamt lehnte dies ab, ebenso das Finanzgericht Münster. Die Richter: Eine Minderung des Nutzungsvorteils durch die Überlassung des Firmenwagens könne nur dann in Betracht kommen, wenn der betreffende Mitarbeiter tatsächlich für das Unterstellen des Fahrzeugs ein Nutzungsentgelt bezahle oder sonstige nutzungsabhängige Kosten des Betriebsfahrzeugs übernehme. Dies seien allenfalls Kosten, die für den Arbeitnehmer notwendig seien, um das Fahrzeug nutzen zu können, etwa Kraftstoffkosten. Für das Nutzen des Fahrzeugs sei jedoch das Einstellen in einer Garage nicht erforderlich; auch aus der Vereinbarung mit dem Arbeitgeber sei nicht ersichtlich, dass eine Garage für die Überlassung des Fahrzeugs zwingende Voraussetzung gewesen sei. (FG Münster, Urteil vom 14.3.2019, Az. 10 K 2990/17).

Keine Inanspruchnahme Minderjähriger bei Kontenleihe

Die Nutzung eines Kontos des minderjährigen Kindes durch den Vater zur Abwicklung seines betrieblichen Zahlungsverkehrs führt nicht dazu, dass das Kind durch einen Duldungsbescheid für rückständige Steuern des Vaters in Anspruch genommen werden kann.

Eine Elfjährige hatte ein Girokonto eröffnet, wobei sie von ihren Eltern vertreten wurde. Der in der Baubranche tätige Vater veranlasste in der Folgezeit seine Kunden, Rechnungsbeträge auf dieses Konto zu überweisen. Dies führte zu Einzahlungen von insgesamt EUR 90.000. Als die Tochter volljährig geworden war, nahm das Finanzamt sie per Duldungsbescheid in Anspruch und forderte sie auf, rückständige Steuern ihres Vaters i.H.v. EUR 23.000 zu zahlen.

Beim Finanzgericht Münster hatte die hiergegen gerichtete Klage der jungen Frau Erfolg. Zwar ginge das Gericht davon aus, dass der Vater in Gläubigerbenachteiligungsabsicht gehandelt hatte, als er seine Kunden aufforderte, Zahlungen auf das Konto der Tochter vorzunehmen. Gleichwohl könne nicht davon ausgegangen werden, dass die damals Minderjährige diese Absicht erkannt hatte. Die Benachteiligungsabsicht des Vaters könne der Tochter auch deshalb nicht zugerechnet werden, weil er ihr gesetzlicher Vertreter war. Eine derartige Zurechnung komme zwar grundsätzlich in Betracht, finde ihre Grenzen jedoch dann, wenn Eltern ihre rechtlichen Möglichkeiten als gesetzliche Vertreter – wie im vorliegenden Fall – missbrauchten. Der Minderjährigenschutz genieße insoweit Vorrang vor dem staatlichen Recht, rückständige Steuern einzutreiben (FG Münster, Urteil vom 20.3.2019, Az. 7 K 2071/18).