Mandanteninformation Mai 2019
In der Mai-Ausgabe 2019 finden Sie u.a. Informationen zur steuerlichen Beurteilung einer kurzzeitigen Wohnungsvermietung vor dem Verkauf, von zwei Fällen geltend gemachter Tarifermäßigung bei außerordentlichen Einkünften sowie eines Gesundheitstrainings als Arbeitslohn.
Kurzzeitige Vermietung der Wohnung vor Verkauf ist steuerlich unbeachtlich
Der Gewinn aus dem Verkauf einer Eigentumswohnung, die der Eigentümer einige Jahre selbst genutzt hat, ist auch dann steuerfrei, wenn die Wohnung vor dem Verkauf kurzzeitig vermietet war.
Ein Mann hatte im Jahr 2006 eine Eigentumswohnung erworben und bis April 2014 durchgehend selbst bewohnt. In der Zeit von Mai 2014 bis Dezember 2014 hatte er sie vermietet und anschließend im Dezember 2014 verkauft. Das Finanzamt ermittelte einen steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn i.H.v. EUR 44.300. Es verwies darauf, dass die Wohnung von dem Eigentümer unmittelbar vor dem Verkauf nicht selbst bewohnt, sondern vermietet gewesen sei.
Dies wollte der Steuerpflichtige nicht hinnehmen und zog vor Gericht; beim Finanzgericht Baden-Württemberg erhielt er Recht. Zwar sei grundsätzlich der Gewinn aus dem Verkauf einer Immobilie einkommensteuerpflichtig, wenn der Erwerb oder die Herstellung nicht mindestens zehn Jahre zurück liege. Ausgenommen von dieser Besteuerung seien allerdings Wohnungen/Häuser, die zuvor vom Eigentümer selbst genutzt worden seien.
Das Gesetz verlange hier »eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken im Jahr der Veräußerung und den beiden vorangegangenen Jahren«. Damit wolle der Gesetzgeber Eigentümer begünstigen, die etwa wegen eines Arbeitsplatzwechsels ihre selbstgenutzte Wohnung verkaufen müssten. Es genüge, so die Richter, somit ein zusammenhängender Zeitraum der Eigennutzung, der sich über drei Kalenderjahre erstrecke. Eine kurzfristige Zwischenvermietung bis zur Veräußerung sei daher steuerlich unerheblich (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 7.12.2018, Az. 13 K 289/17).
Anmerkung: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Das Finanzamt hat Rechtsmittel beim Bundesfinanzhof eingelegt, wo das Verfahren unter dem Az. IX B 28/19 geführt wird.
Außerordentliche Einkünfte: Auszahlung mehrjährig angesammelter Boni
In seiner Einkommensteuererklärung für 2011 erklärte der Steuerpflichtige S einen Bruttoarbeitslohn aus nichtselbständiger Tätigkeit i.H.v. EUR 47.842 und »Entschädigungen/Arbeitslohn für mehrere Jahre« i.H.v. EUR 47.260. Vom 1.1.2000 bis 31.1.2011 war er bei Arbeitgeber A als leitender Angestellter tätig. Laut der Besonderen Lohnsteuerbescheinigung für 2011 erhielt S bis 31.1.2011 einen Bruttoarbeitslohn i.H.v. EUR 54.197,84, wovon EUR 47.260,00 aus »Steuerpflichtigen Entschädigungen und Arbeitslohn für mehrere Kalenderjahre, die nicht ermäßigt besteuert wurden«, stammten.
Aus dem zweiten Arbeitsverhältnis mit Arbeitgeber B vom 1.2.2011 bis 30.6.2011 erzielte er einen Bruttoarbeitslohn i.H.v. EUR 40.904,84. Im Zeitraum vom 1.7.2011 bis 31.12.2011 erhielt S Arbeitslosengeld i.H.v. EUR 10.389,60. In den Vorjahren bezog er aus dem Arbeitsverhältnis mit A einen Bruttoarbeitslohn i.H.v. EUR 132.082 (2010) bzw. EUR 99.081 (2009). Im Einkommensteuerbescheid für 2011 behandelte das Finanzamt sowohl den laufenden Bruttoarbeitslohn aus beiden Arbeitsverhältnissen i.H.v.zusammen EUR 47.842,32 als auch die Entschädigung bzw. den Arbeitslohn für mehrere Jahre i.H.v. EUR 47.260 als laufende Einnahmen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit i.H.v.insgesamt EUR 95.102.
S war dagegen der Ansicht, dass die Voraussetzungen für eine Tarifvergünstigung für die Nachzahlung von Arbeitslohn vorlägen. Insbesondere die Boni für 2005 bis 2010, die er zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 31.1.2011 ausgezahlt bekommen habe, seien begünstigt zu besteuern. Das Finanzamt bekam beim Finanzgericht Nürnberg (Urteil vom 13.11.2018, Az. 1 K 833/17) Recht.
Nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG kommen als außerordentliche Einkünfte u.a. Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten in Betracht. Nach Meinung des Gerichts hat der Kläger den jeweiligen Bonus für den Arbeitserfolg innerhalb des einzelnen Vorjahres erworben. Dies schließt das Gericht aus dem Bonuskonto, auf dem jedes Jahr – mit Ausnahme von 2009 – ein Zugang eines Bonusbetrages verbucht wurde. Daraus sei ersichtlich, dass der Zeitraum der Arbeitsleistung, in dem die Qualität der Arbeitsleistung zu beurteilen war und mit einem Bonus honoriert wurde, nicht länger als ein Jahr betragen habe. Es habe an einem veranlagungszeitraumübergreifenden Geschehen für den jeweils verdienten Bonusanspruch gefehlt. Es habe keine mehrjährige Zuteilungs- und eine spätere Auszahlungsphase gegeben.
Außerordentliche Einkünfte: Abfindung in zwei Teilbeträgen
Am 18.4.2016 unterschrieb der Steuerpflichtige S einen Aufhebungsvertrag zwischen ihm und seinem Arbeitgeber, der A-GmbH. Vertragsgemäß floss S im Jahr 2016 ein Abschlag von EUR 50.000 zu; den verbleibenden Betrag von EUR 116.806,01 erhielt er mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.6.2017.
Das Finanzamt lehnte im Einkommensteuerbescheid für 2017 eine Tarifermäßigung der Abfindungszahlung ab, weil es an der erforderlichen Zusammenballung der Einkünfte in nur einem Veranlagungszeitraum fehle: Tarifermäßigt zu besteuernde außerordentliche Einkünfte könnten grundsätzlich nur bejaht werden, wenn die zu begünstigenden Einkünfte in einem Veranlagungszeitraum zu erfassen seien und durch die Zusammenballung von Einkünften erhöhte steuerliche Belastungen entstünden.
Eine neben einer Hauptentschädigung in einem weiteren Veranlagungszeitraum gezahlte kleinere Teilentschädigung sei nur bis zu einer Grenze von 10 % unschädlich. Die Progressionsbelastung knüpfe ungeachtet der die Teilzahlungen motivierenden Gründe allein an den tatsächlichen Zufluss der Einnahmen an. S führte dagegen an, die Auszahlung sei zunächst in nur einer Gesamtsumme angedacht gewesen bzw. dies sei sogar mündlich besprochen gewesen. Im schriftlichen Vertrag sei sie dann aber im Interesse des Arbeitgebers aufgesplittet worden. Dass diese Aufteilung auf zwei Beträge für ihn steuerlich ungünstiger sei, habe er nicht gewusst und sei ihm auch während der in Anspruch genommenen Steuerberatung, die der Arbeitgeber ihm kostenlos angeboten habe, nicht erklärt worden. Das Finanzamt bekam beim Finanzgericht Düsseldorf (Urteil vom 8.11.2018, Az. 15 K 2482/18 E) Recht.
Gesundheitstraining als Arbeitslohn
Mit der Teilnahme an einer Sensibilisierungswoche, in der dem Mitarbeiter grundlegende Erkenntnisse über einen gesunden Lebensstil vermittelt werden, wendet der Arbeitgeber den Teilnehmern steuerbaren Arbeitslohn zu.
Ein Arbeitgeber bot den Mitarbeitern eine Sensibilisierungswoche an. Diese umfasste u.a. Kurse zu gesunder Ernährung und Bewegung, Körperwahrnehmung, Stressbewältigung, Herz-Kreislauf-Training, Eigenverantwortung und Nachhaltigkeit. Ebenso wie das Finanzamt sah auch der Bundesfinanzhof den Kostenaufwand des Arbeitgebers für die Sensibilisierungswoche als steuerpflichtigen Arbeitslohn an.
Bei der Sensibilisierungswoche habe es sich um eine allgemein gesundheitspräventive Maßnahme auf freiwilliger Basis gehandelt. Somit habe diese Maßnahme für die allgemeine Gesundheitsvorsorge der Belegschaft keinen Bezug zu berufsspezifischen Gesundheitsbeeinträchtigungen gehabt, sodass bei objektiver Betrachtung in der Teilnahme eine Entlohnung zu sehen sei. Der Bundesfinanzhof verwies darauf, dass es sich nur dann nicht um Arbeitslohn handeln würde, wenn die Maßnahme zur Vermeidung berufsspezifischer Erkrankungen erfolge; denn dann läge die Teilnahme im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers (BFH, Urteil vom 21.11.2018, Az. VI R 10/17).
Zahlungen zur Vermeidung der Teilung der Betriebsrente sind Werbungskosten
Nimmt ein Arbeitnehmer Ausgleichszahlungen zur Vermeidung eines Versorgungsausgleichs bei Scheidung vor, so handelt es sich hierbei um Werbungskosten.
Ein Arbeitnehmer hatte mittels jahrelanger Entgeltumwandlung Betriebsrentenanwartschaften erworben. Anlässlich eines Ehescheidungsverfahrens vereinbarte er mit seiner Ehefrau eine Ausgleichszahlung zum Ausschluss des Versorgungsausgleichs bezüglich der betrieblichen Altersversorgung. Später machte er die entsprechenden Raten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend.
Das lehnte das Finanzamt ab, nicht jedoch das Finanzgericht Baden-Württemberg. Nach Auffassung der Richter habe der Ehemann mit der vereinbarten Ausgleichszahlung die Aufteilung der betrieblichen Versorgungsanwartschaften verhindert. Dem Mann würden künftig die ungekürzten Versorgungsbezüge aus der Betriebsrente als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zufließen. Komme es infolge der getroffenen Vereinbarung nicht zu einer Verringerung der Versorgungsbezüge, stelle die Abfindungszahlung keine Einkommensverwendung dar, sondern diene der Sicherung der Einnahmen. Sie ermögliche daher einen Werbungskostenabzug (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 19.3.2018, Az. 10 K 3881/16; Pressemitteilung des FG Baden-Württemberg vom 1.4.2019).
Fahrschulunterricht ist nicht von Umsatzsteuer befreit
Der Fahrschulunterricht für die Fahrerlaubnisklassen B und C1 ist kein von der Umsatzsteuer befreiter Schul- und Hochschulunterricht.
Eine private Fahrschule gab u.a. Unterricht für den Erwerb der Fahrerlaubnisse für Kraftfahrzeuge der Klassen B und C1, also für Kraftwagen, die zur Beförderung von Personen ausgelegt und gebaut sind und deren zulässige Gesamtmasse 3,5 t bzw. 7,5 t nicht überschreitet. Die Fahrschule machte geltend, der von ihr erteilte Unterricht umfasse die Vermittlung von zugleich praktischen und theoretischen Kenntnissen. Der Unterricht verfolge keinen bloßen Freizeitwert, da mit dem Besitz der Fahrerlaubnisse auch beruflichen Anforderungen entsprochen werden könne. Daher sei der zu diesem Zweck erteilte Unterricht nach der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie für den Schul- und Hochschulunterricht von der Umsatzsteuer zu befreien.
Der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) sah dies jedoch ganz anders: Der Begriff des Schul- und Hochschulunterrichts im Sinne der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie sei angelegt auf ein integriertes System der Vermittlung von Kenntnissen und Fähigkeiten sowie auf die Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten durch Schüler und Studenten je nach ihrem Fortschritt und ihrer Spezialisierung auf den verschiedenen Stufen des Systems.
Dieser Begriff umfasse nicht Fahrunterricht, der sich zwar möglicherweise auf verschiedene Kenntnisse praktischer und theoretischer Art beziehen möge. Er bleibe gleichwohl ein spezialisierter Unterricht, der für sich allein nicht der für den Schul- und Hochschulunterricht kennzeichnenden Vermittlung, Vertiefung und Entwicklung von Kenntnissen und Fähigkeiten in Bezug auf ein breites und vielfältiges Spektrum von Stoffen gleichkomme (EuGH, Urteil vom 14.3.2019, Az. C-449/17).
Tauf-, Trauer- und Hochzeitsredner
T ist freie Theologin und als Rednerin auf Hochzeiten, Taufen und Trauerfeiern tätig. Ihre wesentliche Leistung besteht dabei in der Erarbeitung eines auf die individuellen Bedürfnisse und persönlichen Umstände ihrer Kunden angepassten Redetextes. T war der Ansicht, ihre Umsätze seien als Umsätze aus künstlerischer Tätigkeit ermäßigt mit 7 % zu besteuern: Es läge eine künstlerische Leistung vor, weil über die Erstellung der Predigttexte hinaus ein wesentlicher Teil ihrer Leistungen im freien und das Publikum einbeziehenden Vortrag bestehe. Außerdem leiste sie Trauerarbeit mit den Angehörigen bzw. erarbeite den jeweiligen Ablauf der Zeremonie bei Hochzeiten und Taufen. Insofern liege ein Gesamtkunstwerk vor. Wiederholungen seien durch die Liturgie, die einen Rahmen vorgebe, bedingt.
Das Finanzamt ordnete die rednerischen Fähigkeiten der T dagegen der üblichen Vortragstechnik zu. Auch die geleistete Trauerarbeit ließe als Auftragsarbeit keine eigenschöpferische Leistung erkennen. Selbst wenn es sich bei den Hochzeitsfeiern um Gesamtkunstwerke gehandelt habe, sei nicht nachgewiesen, inwieweit T hieran beteiligt und dass gerade ihr Beitrag künstlerisch gewesen sei. Die Umsätze eines Tauf-, Trauer- und Hochzeitsredners unterlägen daher nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz von 7 %, wenn die Texte, bezogen auf den jeweiligen Anlass, nach gleichen Mustern aufgebaut seien und teilweise wörtliche Übereinstimmungen aufwiesen. Das Finanzamt bekam beim Bundesfinanzhof (Urteil vom 11.7.2018, Az. XI R 36/17) Recht.
Abzugsteuer auf sog. appearance fees
Unternehmer U veranstaltet Eventabendveranstaltungen, zu denen prominente Persönlichkeiten eingeladen werden. Zutritt haben nur geladene Gäste. U bittet jährlich – neben auftretenden Künstlern – auch prominente Gäste zum Besuch dieser Veranstaltungen. Seinen geladenen Gästen zahlt er neben der Übernahme aller Reisekosten ein als sog. appearance fee bezeichnetes Entgelt, ohne dass zwischen ihm und diesen Gästen – abgesehen von deren Anwesenheitszusage – Absprachen getroffen werden. Die Höhe der sog. appearance fee differiert von Gast zu Gast zwischen einigen 100 EUR und einigen 10.000 EUR. Für die bezahlten Gäste besteht keine Pflicht, für eine bestimmte Mindestzeit an der Veranstaltung teilzunehmen. Schriftliche Verträge gibt es nicht. Der Zugang zu dem Veranstaltungssaal ist mit einem roten Teppich ausgelegt, über den die geladenen Gäste in den Saal gelangen. Auf dem roten Teppich hält sich auch eine Begrüßungsphalanx für die Gäste auf, bestehend aus U als Gastgeber und eine r Reihe Models. Die prominenten Gäste stellen sich für Fotos mit U sowie für kurze Interviews zur Verfügung. Für die Vergütungen an die bezahlten Gäste wurden von U keine Steuerabzugsbeträge angemeldet.
Das Finanzamt war dagegen der Ansicht, dass sog. appearance fees, die ausländische Prominente dafür erhielten, dass sie im Inland an einer Eventveranstaltung teilnähmen, Einkünfte darstellten, die durch im Inland ausgeübte künstlerische, sportliche, artistische, unterhaltende oder ähnliche Darbietungen erzielt würden. Sie unterlägen somit dem Steuerabzug bei U. Das Finanzamt bekam beim Finanzgericht Köln (Urteil vom 15.2.2018, Az. 2 K 2612/16) Recht.