Mandanteninformation Oktober 2017

In der Oktober-Ausgabe 2017 finden Sie u.a. Informationen zur steuerlichen Bewertung der privaten Nutzung einer geschäftlichen Bahncard, der Umsatzsteuerpflicht für Fahrschulen sowie zur Verfassungsmäßigkeit von Nachzahlungszinsen für Steuerschulden.

Wann ist Überlassung der geschäftlichen Bahncard für Privatfahrten steuerpflichtig?

Die OFD Frankfurt (Verfügung vom 31.7.2017 – S 2334 A – 80 – St 222) hat zur lohnsteuerlichen Behandlung der Überlassung einer vom Arbeitgeber beschafften Bahncard an den Arbeitnehmer auch zur Privatnutzung Stellung genommen. Entscheidend dafür, ob ein steuerpflichtiger geldwerter Vorteil vorliegt, ist, ob die Bahncard im »überwiegend eigenbetrieblichen Interesse« überlassen wurde.

Ein überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers kann unabhängig von der privaten Nutzungsmöglichkeit der Bahncard angenommen werden, wenn zum Zeitpunkt der Überlassung der Bahncard voraussichtlich (Prognose) die ersparten Kosten für Einzelfahrscheine, die im Rahmen der Auswärtstätigkeit ohne Nutzung der Bahncard während deren Gültigkeitsdauer anfallen würden, die Kosten der Bahncard erreichen oder übersteigen. In diesem Fall fällt kein Arbeitslohn an. Wenn die Vollamortisation aus Gründen wie z.B. Krankheit nicht eintritt, ist trotzdem keine Nachversteuerung vorzunehmen, da das überwiegend eigenbetriebliche Interesse hierdurch nicht berührt wird.

Wenn die durch die Nutzung der überlassenen Bahncard ersparten Fahrtkosten nicht die Kosten der Bahncard überschreiten, dann ist die Überlassung nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse erfolgt und der Wert der Bahncard zunächst als geldwerter Vorteil zu erfassen; die Überlassung stellt somit in voller Höhe steuerpflichtigen Arbeitslohn dar. Allerdings können die während der Gültigkeitsdauer der Bahncard durch deren Nutzung für dienstliche Fahrten ersparten Fahrtkosten dann als Korrekturbetrag abgezogen werden, sodass sich der steuerpflichtige Arbeitslohn mindert.

Nachzahlungszinsen für Steuerschulden in den Jahren 2012 bis 2015 sind verfassungsgemäß.

Das Finanzgericht Münster (Urteil vom 17.8.2017, Az. 10 K 2472/16) ist der Auffassung, dass die Höhe der Nachzahlungszinsen von 6 %, die Steuerpflichtige für nachzuzahlende Steuern in den Jahren 2012 bis 2015 zu berappen hatten, auch heute noch verfassungsgemäß ist.

Ein Ehepaar wurde für das Jahr 2011 im Dezember 2013 zur Einkommensteuer veranlagt. Bzgl. des Jahres 2010 änderte das Finanzamt im Jahr 2016 die Steuerfestsetzung, nachdem ihm weitere Beteiligungseinkünfte des Ehemanns bekannt geworden waren. Aus beiden Einkommensteuerbescheiden ergab sich nachzuzahlende Einkommensteuer, die das Finanzamt mit 6 % p.a. verzinste. Das Ehepaar legte gegen die Zinsfestsetzung Einspruch ein und machte geltend, die Höhe der Verzinsung sei angesichts der andauernden Niedrigzinsphase fernab der Realität und damit verfassungswidrig.

Das Finanzgericht Münster sah dies anders: Die gesetzliche Verzinsungsregelung, wonach nachzuzahlende Steuern mit einem Zinssatz von 0,5 % pro Monat, also 6 % pro Jahr, zu belegen sind, sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Marktzinsen hätten sich in den Jahren 2012 bis 2015 auch nicht in einer Weise entwickelt, wonach der Zinssatz nicht mehr als hinreichend realitätsgerecht anzusehen sei, denn in diesem Zeitraum hätten die Mittelwerte aus den Marktzinsen für Darlehen sowie für Anlagen zwischen 4,49 % und 3,66 % gelegen. Hinweis: Wegen grundsätzlicher Bedeutung der Streitfrage hat das Finanzgericht die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

Umsatzsteuerpflicht für Fahrschulen ist zweifelhaft

Der Bundesfinanzhof (Beschluss vom 16.3.2017, Az. V R 38/16) hat Zweifel an der Umsatzsteuerpflicht für die Erteilung von Fahrunterricht durch eine Fahrschule zum Erwerb der Fahrerlaubnis Klasse B (Pkw-Führerschein).

Ein Fahrlehrer unterrichtete zum Erwerb der Fahrerlaubnisklasse B (Kraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse von höchstens 3.500 kg). Er stellte für seine Leistungen Rechnungen ohne gesonderten Umsatzsteuerausweis aus. Nach deutschem Recht sind Unterrichtsleistungen zur Erlangung von Fahrerlaubnissen umsatzsteuerpflichtig. Fahrschulen sind insoweit keine allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen, für die das Umsatzsteuergesetz Umsatzsteuerfreiheit vorsieht.

Der Fahrlehrer klagte durch die Instanzen und landete schließlich beim Bundesfinanzhof. Dieser teilte seine Zweifel an der Umsatzsteuerpflicht für Fahrschulen. Daher legte der BFH im Wege eines sog. Vorabentscheidungsersuchens dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH), die Frage vor, ob der Fahrschulunterricht zum Erwerb der Fahrerlaubnisklasse B nach Unionsrecht steuerfrei sei. Entscheidend sei, dass nach der EU-Richtlinie Unterricht, den anerkannte Einrichtungen oder Privatlehrer erteilen, von der Umsatzsteuer befreit sind und ob dies auch für Fahrlehrer gelte. Der BFH bejahte den Unterrichtscharakter der Fahrschulleistung im Sinne einer Steuerfreiheit als Privatlehrer. Die Auslegung der Richtlinie sei aber zweifelhaft, sodass eine Entscheidung des EuGH einzuholen sei.

Hinweis: Die nun vom EuGH vorzunehmende Entscheidung ist von erheblicher Bedeutung für die Umsatzbesteuerung der über 10.000 Fahrschulen in Deutschland. Sollte der EuGH eine Steuerfreiheit bejahen, würde sich die Anschlussfrage stellen, ob Fahrschulen den sich hieraus ergebenden Vorteil zivilrechtlich an ihre Kunden durch eine geänderte Preisbildung weitergeben müssen.

Entfernungspauschale für Flugbegleiter

F ist als Flugbegleiter tätig, was häufig mehrtägige Einsätze erfordert. In seiner Einkommensteuererklärung für 2014 beantragte er den Ansatz sämtlicher Kosten für Fahrten zu seinem Beschäftigungsort nach Dienstreisegrundsätzen. Das Finanzamt berücksichtigte jedoch lediglich die Entfernungspauschale, wobei es diese für diejenigen Arbeitseinsätze, bei denen Hin- und Rückfahrt auf unterschiedliche Tage fielen, jeweils nur einmal gewährte:

Zunächst könne F nur die Entfernungspauschale beanspruchen, weil sein Beschäftigungsort als erste Tätigkeitsstätte anzusehen sei. Dies ergebe sich daraus, dass er sich für den typischen Arbeitseinsatz immer im Gebäude seines Arbeitgebers an dem im Arbeitsvertrag genannten Beschäftigungsort habe einfinden müssen. Dort hätten sich auch die Briefing-Räume und das Postfach des F befunden. Von einem anderen Ort aus habe er niemals seine Einsätze begonnen. Die Entfernungspauschale sei zudem lediglich einmal pro Hin- und Rückfahrt anzusetzen. Die Pauschale sei für jeden Tag zu gewähren, an dem der Arbeitnehmer seine erste Tätigkeitsstätte von seiner Wohnung aus aufsuche. Für die Rückfahrt an einem anderen Tag sei kein weiterer Werbungskostenabzug vorgesehen. Diese Auslegung führe auch zu einer sachgerechten Abbildung der wirtschaftlichen Belastung und zu einer Gleichbehandlung aller Arbeitnehmer. Das Finanzamt bekam beim Finanzgericht Münster (Urteil vom 14.7.2017, Az. 6 K 3009/15 E ) Recht.

Sammelpunkt für Bauarbeiter

Der Steuerpflichtige S ist angestellter Heizungs- und Sanitärinstallateur. Er fuhr im Jahr 2014 an 123 Tagen mit eigenem Pkw zu einer Einrichtung seines Arbeitgebers in S-Stadt, wo er ein Fahrzeug seines Arbeitgebers bestieg, das ihn zu einem im Jahresverlauf wechselnden Tätigkeitsort brachte. Teilweise übernachtete er am Tätigkeitsort, sosdass er an insgesamt 85 Tagen länger als 24 Stunden seinem Wohnort fernblieb. An keinem Arbeitstag steuerte er seinen Tätigkeitsort mit eigenem Pkw an, stets wurde er von S-Stadt aus in einem Fahrzeug seines Arbeitgebers zur Baustelle gebracht.

S machte in seiner Einkommensteuererklärung für 2014 geltend, der Aufnahmepunkt in S-Stadt sei keine erste Tätigkeitsstelle, deshalb müssten die Fahrtkosten als Reisekosten berücksichtigt werden. Den Aufnahmepunkt in S-Stadt als Sammelstelle suche er nicht arbeitstäglich auf. Das Finanzamt setzte im Einkommensteuerbescheid für 2014 bei den Einkünften des S aus nichtselbständiger Arbeit Fahrtkosten für 123 Tage dagegen zu EUR 0,30 für die einfache Wegstrecke von 32 km mit der Entfernungspauschale an: Der Aufnahmepunkt sei eine Sammelstelle, deren Anfahrt zu Werbungskosten lediglich in Höhe der Entfernungspauschale führe. Soweit S im Jahr 2014 nicht Auswärtstätigkeiten mit Übernachtung durchgeführt habe, habe er den Betriebssitz seines Arbeitgebers in S-Stadt arbeitstäglich aufgesucht. Das Finanzamt bekam beim Sächsischen Finanzgericht (Urteil vom 14.3.2017, Az. 8 K 1870/16) Recht.

Promotionsberater einer selbständigen Zahnärztin

Die selbständige Zahnärztin Z hegte seit langem den Wunsch zu promovieren. Sie wandte sich aufgrund einer Zeitungsanzeige an Priv.-Doz. Dr. Dr. Y., Institut zur Wissenschaftsberatung, und schloss mit diesem am 19.1.2008 einen »Vertrag zur wissenschaftlichen Beratung«, demzufolge das »Institut« auf Grundlage einer intensiven wissenschaftlichen Beratung mit aktiver Unterstützung der Z für deren Promotion eine praktikable Themenstellung, eine Fakultät und einen Betreuer (»Doktorvater«) finden sollte.

Das »Institut« sollte für seine Leistungen ein Honorar von EUR 18.000 zzgl. gesetzlicher Umsatzsteuer erhalten. Die Zahlung des Honorars sollte in drei Teilbeträgen erfolgen: EUR 10.000 nach Vertragsunterzeichnung, EUR 4.000 nach Einverständniserklärung des Betreuers und EUR 4.000 nach Abschluss der Promotion. Z leistete im Jahr 2008 vereinbarungsgemäß die ersten beiden Teilzahlungen an das »Institut«, danach geriet ihre Arbeit ins Stocken. Das Finanzamt ging davon aus, dass die Aufwendungen der Z für den Promotionsberater nicht als Betriebsausgaben berücksichtigungsfähig seien: Leistungsinhalt des Vertrages vom 19.1.2008 sei die Suche nach einem Promotionsthema sowie einem Betreuer. Für eine Promotion an einer deutschen Universität bestehe jedoch keine Notwendigkeit für derartige Hilfeleistungen. Da ein Nachweis über die betriebliche Veranlassung der Promotionsbetreuung nicht ausreichend erbracht worden sei, lägen Kosten der privaten Lebensführung vor. Das Finanzamt bekam be im Sächsischen Finanzgericht (Urteil vom 13.7.2017, Az. 8 K 1677/16) Recht.

Freimaurerloge ist nicht gemeinnützig

Eine Freimaurerloge, die Frauen von der Mitgliedschaft ausschließt, ist nicht gemeinnützig. Eine Freimaurerloge war nach ihrer Satzung eine auf vaterländischer und christlicher Grundlage beruhende Vereinigung wahrheitsliebender, ehrenhafter Männer zur Pflege der Freimaurerei. Sie nahm nur Männer ab 21 Jahren auf. Nur ihnen ermöglichte die Loge das Ritual der Tempelarbeit.

Die Freimaurerloge beantragte beim Finanzamt, sie als gemeinnützig anzuerkennen. Dies lehnte das Finanzamt ab; zu Recht, wie schließlich der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte (Urteil vom 17.5.2017, Az. V R 52/15). Die Richter verneinten die Gemeinnützigkeit der Freimaurerloge. Für den Ausschluss von Frauen habe die Loge weder zwingende sachliche Gründe anführen können noch sei dies durch Verfassungsrecht gerechtfertigt. Die Versagung der Steuervergünstigung sei auch kein Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht der Loge. Denn ihr sei es unabhängig von der Steuervergünstigung nicht verwehrt, nur Männer als Mitglieder auszuwählen und aufzunehmen. Dadurch, dass die Loge Frauen von der Mitgliedschaft sowie von der Teilnahme an den rituellen Arbeiten selbst dann ausschließe, wenn sie die für Männer geltenden Aufnahmebedingungen erfüllten, sei eine Diskriminierung wegen des Geschlechts. Diese sei nicht sachlich gerechtfertigt, sodass eine Gemeinnützigkeit ausscheide.

Hinweis: Die Entscheidung ist zu einer traditionellen Freimaurerloge ergangen. Das Urteil des BFH könnte sich aber auch auf Vereine auswirken, die die Gemeinnützigkeit in Anspruch nehmen, aber wie etwa Schützenbruderschaften, Männergesangsvereine oder Frauenchöre Männer oder Frauen ohne sachlichen Grund von der Mitgliedschaft ausschließen.

Anti-Frost-Flüge per Hubschrauber

Der Steuerpflichtige S erzielt aus dem Anbau von Weihnachtsbäumen gewerbliche Einkünfte. Im Jahr 2013 begann er mit einer »Pinch-Hitter«-Ausbildung, der Vorstufe zum Erwerb einer Privathubschrauberlizenz. Die Kosten hierfür von ca. EUR 8.000 machte er als Betriebsausgaben geltend, weil er beabsichtige, mit Hubschrauberflügen über seinen Weihnachtsbaumkulturen durch Luftverwirbelungen der Rotorblätter Frostschäden im Frühling zu vermeiden. Zudem wolle er die Flüge nutzen, um den Holzkäferbestand zu ermitteln.

Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen indes nicht an, weil der Erwerb einer Privatfluglizenz regelmäßig privat veranlasst sei. Zwar scheitere der Abzug der Aufwendungen nicht schon daran, dass S bereits eine Erstausbildung als staatlich geprüfter Landwirt absolviert habe. Die »Pinch-Hitter«-Ausbildung führe jedoch trotz des grundsätzlich möglichen Einsatzes eines Hubschraubers zu Anti-Frost-Flügen und zur Ermittlung des Holzkäferbestands nicht zu abzugsfähigen Betriebsausgaben, weil die Ausbildung zumindest auch durch die Freude des S am Fliegen und damit privat motiviert sei.

Darüber hinaus habe er kein schlüssiges Betriebskonzept vorgelegt. Da sich seine Weihnachtsbaumkulturen auf mehr als zehn, nicht aneinander angrenzende Standorte verteilten, könne je Frosttag nur auf einem Areal ein Flug durchgeführt werden; Frostschäden seien damit nicht effektiv zu vermeiden. Das Finanzamt bekam beim Finanzgericht Münster (Urteil vom 11.8.2017, Az. 4 K 2867/16 F) Recht.